Sie waren eigensinnig und verletzlich. Sie rebellierten gegen die engen Grenzen, die ihnen auferlegt waren. Sie wurden krank durch erlittene Gewalt, Diskriminierung oder Armut – und in der Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein vergast. Frauen der Unterwelt geht den Biografien von sieben kraftvollen Frauen nach, die als Opfer der sogenannten NS-Krankenmorde jahrzehntelang verschwiegen wurden. Als Theaterfiguren erzählen sie nun erstmals ihre Geschichten – jenseits der Diagnosen und Urteile, die einst über sie gefällt wurden. Ihre Geschichten lassen sich nicht mehr ändern, wohl aber die Geschichtsschreibung!
Neben dem Stücktext kommen Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen zu Wort, die sich aus unterschiedlichen Positionen heraus mit NS-"Euthanasie", Ableismus, Pathologisierung von Weiblichkeit* und Transidentität und aktuellen Formen psychiatrischer Gewalt beschäftigen.
Die Beiträge stellen die traditionelle Bewertung psychischer Krankheiten in Frage und eröffnen einen Handlungsraum jenseits des "Normalen".
Visuell wird der Band von fünf Zeichnungen Moana Vonstadls begleitet, die eigens für diesen Band entstanden sind. Moana Vonstadl experimentiert als Zeichnerin und Filmemacherin mit Motiven, die das Wilde und vermeintlich Dämonische als Aspekte von Weiblichkeit* positiv oder wertfrei wieder inkorporieren.
Die Autor*innen und Herausgeber*innen
Tine Rahel Völcker ist Autorin von Theaterstücken, Hörspielen und Prosa. Ihre Arbeiten thematisieren häufig die Folgen der nationalsozialistischen Verbrechen und suchen Wege über Gewalt zu sprechen, ohne sie zu reproduzieren. 2020 erschien ihr Prosadebüt Chantal Akermans Verschwinden. Les Rendez-vous de Tarnów.
Cora Schmechel forscht, lehrt und publiziert zur Rolle von Geschlecht in Gesundheits- und Krankheitskonzepten, Psychopathologisierung und Mental Health Politics. Sie ist Mitherausgeberin der Sammelbandreihe "Gegendiagnose" iin der edition assemblage.
Rebecca Maskos interessiert sich für A*Normalitäten und fragt sich, was eigentlich mit diesen Nicht*Behinderten los ist. Das versucht sie derzeit in ihrer Promotion in den Disability Studies zu ergründen. Nebenbei schreibt sie als freie Journalistin zu Themen wie Behindertenpolitik, Ableismus, Gender und Medien. Sie lebt mit einer Behinderung und rollt durch Berlin. Online nachzulesen unter rebecca-maskos.net oder auf Twitter unter @RMaskos.
Eliah Lüthi sucht schreibend, lehrend, lebend und performend verRückte W_Orte und ent_hindernde T_Räume. Derzeit als Akademie-der-Unvernunft.org und promovierend mit Schwerpunkt auf Mad Studies an der Universität Innsbruck. 2020 erschien der von Eliah herausgegebene Sammelband beHindert & verRückt Worte_Gebärden_Bilder finden.
Moana Vonstadl arbeitet an freien Projekten im Bereich Zeichnung und experimentelle Animation. Thematisch setzt sie sich mit dem weiblich*sozialisierten Körper im Kontext patriarchaler Blickregime auseinander und sucht nach alternativen Erzählungen.